Es bleibt aber nicht aus, dass man sich zu erst mit der Theorie beschäftigen muss, wenn man mit Faserverbundwerkstoffen arbeiten will und ein einigermaßen brauchbares Ergebnis anstrebt. Also als erstes bitte dieses Handbuch lesen. Auf die ganzen zu beachtenden Kleinigkeiten möchte ich hier nicht noch einmal in vollem Umfang eingehen. In dem Handbuch und auf der Seite von R&G ist alles sehr gut verständlich beschrieben. Ich möchte auf Wunsch der Beitragleser nur zeigen, wie ich für die Herstellung dieser Akkubox vorgegangen bin.
Die Positiv Form:
Durch das Loch einer beschichteten Hartfasertplatte wird ein 0,7mm Edelstahldraht geführt. Der Draht wird unter der Platte zwischen zwei Unterlegscheiben in eine M3 Schraube mit Mutter eingeklemmt und ist somit unter der Platte fixiert. Der Draht wird am anderen Ende durch ein radiales Loch in einem Holzstab geführt und ebenfalls mit Einer Schraube eingeklemmt. Jetzt kann der Draht gespannt und in alle Richtungen senkrecht ausgerichtet werden. Mit einem regelbaren Netzteil wird der Draht wie ein elektrischer Widerstand zum erwärmen gebracht, bis sich Styrodur gut damit schneiden lässt.
Die gewünschte Form wird vom Fahrradrahmen auf Papier übertragen. Abzüglich der künftigen Laminatmaterialstärke entsteht so eine Schablone aus Pappe, deren Umrisse mit einem Edding auf das Styrodur übertragen wird. Ich habe 40mm dickes Styrudur verwendet und klebe 2 ausgeschnittene Formen zusammen um eine Breite von insgesamt 80mm zu erreichen.
Da Markus und ich unterschiedliche Rahmengrößen haben, benötigen wir 2 Positive, die auf dem Foto schon mit Schleifpapier begradigt und die Kanten stark gerundet wurden. Links unten kann man die notwendige Aussparung für den Umwerfer erkennen.
Bei der Anprobe kann geprüft werden, ob die Winkel passen und genügend Platz für das Laminat besteht. Außerdem muss getestet werden, ob der Umwerfer vorne über den kompletten Schalt- bzw. Bewegungsbereich frei beweglich ist. Kleine Korrekturen sind hier noch möglich. Immer mit dem Hintergedanken, dass noch ca. 1mm Laminatdicke dazu kommt.
Um den Deckel der Box später bündig zur Oberfläche montieren zu können wird eine Nut in die Form gefräst. Sie wird so tief gefräst, wie die Materialdicke des Deckels werden soll. In diesem Fall ist das 1mm.
Der hier erkennbare grobe Ausschnitt in der Mitte ist nicht nötig. Das kann man sich sparen. Unter einem scharfen Fräser bewege ich die Form freihändig entlang der Markierungen und arbeite so die 1mm Nut ein. Die Schablone, die ich für die Markierung angefertigt habe, wird später noch für den passgenauen Zuschnitt des Deckels benötigt.
Damit rings um die Form schön laminiert werden kann, benutze ich einen Holzstab, der daran montiert wird. So kann ich die Form in jeder Lage am Tisch mittels Schraubzwinge befestigen und das Gematsche hält sich in Grenzen. Somit ist die Positiv Form fertig vorbereitet.
Zuschnitte, Vorbereitung zum Laminieren:
Als erstes werden die Schablonen für die Seitenteile aus Pappe angefertigt. Mit entsprechend Überstand sollen die Seitenteile um die Kanten laminiert werden.
Die Form wird mit der Schablone auf das Gewebe übertragen und ausgeschnitten.
Jede Seite bekommt zwei Lagen 163g/m² Glasgewebe. Außerdem werden lange 80mm breite Gewebestreifen vorbereitet, die umlaufend (nur über die Breite der Box) laminiert werden. So entsteht an den Befestigungen die doppelte Laminatdicke und entsprechend mehr Widerstandsfähigkeit. Es wird bei allen Zuschnitten darauf geachtet, dass sich die Richtung des Gewebes je Lage immer um ca. 45° ändert. Es ist bei Akkuboxen ratsam innen mit Glasfaser zu arbeiten, weil diese im Gegensatz zu Kohlefaser elektrisch nicht leitend sind.
Außen soll die Box mit 2 Lagen 160g/m² Kohlefaser Köper laminiert werden und wiederum zusätzlich mit zwei 80mm Streifen umlaufend mehr Festigkeit an den Befestigungsstellen bringen. Man muss darauf achten, dass vor allem das Gewebe der letzten Lage so wenig wie möglich gestört wird. Die gleichmäßige Struktur ist schnell verzogen. Das ist später optisch immer ein Dorn im Auge. Empfehlenswert ist auch eine spezielle Gewebeschere, die die Arbeit wesentlich erleichtert.
95g/m² Abreißgewebe wird so ausgeschnitten, dass eine Lage aus mehreren Teilen um die komplette Box laminiert werden kann. Außerdem wird hier die Vakuumtüte vorbereitet. Die 2 Folien (PO150) werden später mit dem gelben Doppelklebeband miteinander verbunden und ergeben einen ringsum einigermaßen dichten Beutel.
Abschließend werden noch die Teile aus 340g/m² Saugvließ ausgeschnitten, welche als letzte Lage durch das Abrissgewebe das überflüssige Harz aufsaugen sollen.
Ein kleiner Vakuumtest soll meine Pumpe, die Folie und das Doppelklebeband testen. Der Stutzen wird aus einer M10 Schraube hergestellt. Sie ist axial durchbohrt und am Ende auf 8mm abgedreht um den Saugschlauch zur Pumpe aufpressen zu können. Der Schraubenkopf und die Unterlegscheibe sind mit flüssigem Latex beschichtet, um auch hier einigermaßen dicht zu werden.
Vakuumpumpe an! Sieht gut aus. Selbst der recht kantige Schlüsselschalter, der hier gerade so rum lag, wird sauber umschlossen. Das Vlies sorgt dafür, dass die Luft aus allen Ecken zum Saugstutzen gelangt. Ich gehe davon aus, dass ein ähnliches Ergebnis auch mit dem Staubsauger erzielt werden kann. Auf jeden Fall wäre das besser als nix, weil die teilweise störrischen Fasern während dem Härten unbedingt an die Form angelegt werden sollten.
Jetzt noch ein wenig Abtönfarbe als billiges Trennmittel auf die Form gepinselt und los gehts.
Das eigentliche Laminieren:
Mit dem Glasgewebe wird begonnen. Bei dieser Box ist schwarze Abtönfarbe drunter. Die hier oben liegenden Seitenteile sind in der Mitte geschlitzt und werden mit einer entsprechenden Unterlage aus Pappe über den Holzstab gefädelt. Die Pappe hat einen breiten Schlitz und kann nach dem Auffädeln der Gewebe seitlich weggezogen werden.
Bei guter Vorbereitung lässt sich die Box mit den insgesamt 4 Lagen der Seitenteile und den zusätzlichen Gewebestreifen rund um die Box in einem Arbeitsgang laminieren. Ich habe das Epoxydharz und den Härter L verwendet und mit einer Schaumgummirolle das Gemisch aufgetragen. Hier und da sind bei starken Konturen zusätzliche Einschnitte mit der Schere nötig. Werkzeuge sofort gut reinigen!
Ohne zusätzliches Harz kommt jetzt das Abrissgewebe drauf.
Anschließend wird die Box mit dem Saugvließ in die Tüte eingelegt, mit Doppelklebeband verschlossen und ein paar Stunden genuckelt...
An manchen Stellen ist gut zu erkennen, dass überflüssiges Harz aufgesaugt wird.
Nach dem Aushärten wird das Vlies und die Abrissfolie entfernt. Die Box kann nun direkt im Rahmen auf Passgenauigkeit geprüft werden. Auf dem Bild ist meine erste Box zu sehen, die noch ohne Vakuum laminiert wurde. Deswegen glänzt diese. Ich habe aber eingesehen, dass es mit Vakuum wesentlich besser geht, die Laminatdicke wie berechnet exakt wird und die Stabilität mit weniger Harz natürlich auch wesentlich besser ist.
Sieht schon ganz gut aus.
Hier wieder ein Bild der zweiten Box, die mit Vakuum hergestellt wurde. Die Vertiefung für den Deckel ist schön ausgeprägt. Außerdem ist hier auch schon das Gelcoat (mit EPH161 Härter) aufgetragen. Das wurde aber sehr Zähflüssig und hinterließ Pinselspuren. Ich glaube das reicht auch wenn man nach dem Verschleifen einfach noch mal eine dünne Schicht Epoxydharz aufträgt. Die Styrodurform wird rausgepopelt und alle in der Box verbleibenden Reste mit Aceton ausgewaschen. Ein wirklich nicht zu unterschätzender Aufwand und mit dem Aceton eine unangenehme Sauerei. Das nächste mal baue ich eine Negativform!
Die Deckel:
Die beiden Schablonen für die Nut im Positiv werden jetzt für den Zuschnitt der 6 Lagen für die Deckel verwendet.
Zwei weiße Hartfaserplatten werden mit Grundierwachs und PVA Trennmittel eingepinselt und die Lagen beginnend mit Kohlefaser auflaminiert. Am Ende werden wieder 2 Lagen Glasfasergewebe verwendet(Innenseite). Und dann wieder schön nuckeln lassen.
Mit ein paar Streifen Klebeband wird wieder die alte Schablone auf den Deckel aufgeklebt und die endgültige Form mit der Flex vor der Haustüre ausgeschnitten. Bei Gelegenheit schaffe ich mir mal so einen Multimaster mit einem oszillierenden Messer an.
Passt! Aber man kann gut erkennen, dass hier wieder ein Bild mit der ersten Box verwendet wird. Die einzelnen Fasern des Gewebes beulen sich nach außen. Hier im direkten Vergleich mit dem Deckel sieht das grausam aus. Ich verwende die Box trotzdem und höre mich ständig dafür entschuldigend sagen "Das war der erste Versuch ..."
Jetzt noch ein paar Löcher gebohrt, innen Muttern eingeklebt und schon kann der Deckel verschraubt werden.
Die 4 Löcher für die Flaschenhalterung im Rahmen werden auf die Box übertragen und gebohrt. Für zusätzlichen seitlichen Halt wird oben ein Aluminiumklotz, der spielfrei in die Dämpferaufnahme passt, aufgeschraubt (Pfeil).
Wer den Aufwand jetzt immer noch nicht scheut, kann es nun selbst mal probieren. Und wer mal damit angefangen hat kommt so schnell nicht mehr davon los. Da warten noch einige Ideen auf ihre Umsetzung mit Faserverbundwerkstoffen.
Wir hoffen ein paar hilfreiche Eindrücke gegeben zu haben. MC & Gyver
Markus Christl und Andreas Rackel